afritracks news vom 09.05.04

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Afrikas Madonna Brenda Fassie gestorben

Das Time Magazine widmete im Jahr 2001 der südafrikanischen Sängerin ein dreiseitiges Feature und kürte sie zur "Madonna der Townships". Das dürfte jedoch fast eine Untertreibung sein. Brendas Hitsong Vulindela ist vermutlich einer, der in ganz Schwarzafrika meistgehörten Songs. Kein Marktstand der Kassetten verkauft, keine Kneipe und keine Party ohne, dass nicht zum wiederholten Mal der typische 70er-Disco-Remixstil dieses Songs in ohrenbetäubender Lautstärke und total übersteuert die Umgebung bedröhnt. Dank ebenso häufigem Radioeinsatz hat die Brendabegeisterung schon lange die Grenzen der Townships Südafrikas überschritten, die Städte des Kontinents erobert und sogar den hinterletztem Buschdorfbewohner erreicht. Da auf dem afrikanischen Kontinent die Raubkopie als "legale" Verkaufseinheit die oft einzige Methode ist überhaupt an einen Titel zu kommen, lässt sich der wahre Marktanteil von Vulinedla wohl nie feststellen.

Brenda's Berufung schien von Anfang an vorbestimmt: 1964 geboren in Langan einem Township von Kapstadt wurde sie nach der amerikanischen Country Sängerin Brenda Lee benannt. "Das Mädchen mit der goldenen Stimme" entertainte schon als Vierjährige die Verwandtschaft und Zuschauer von Talentwettbewerben. Der eigentlich Kick-off ihrer Karriere war der Besuch des südafrikanischen Produzenten Koli Lebona. Nachdem zahlreiche Musiker ihm von der Stimme der 16jährigen Brenda berichtet hatten, machte er sich auf den Weg um es selbst zu hören. "Ich hatte keine Probleme, das Haus ihrer Mutter Sarah zu finden. Das ganze Township sprach von Brenda.", erinnert sich Lebona. Er nahm sie mit nach Johannesburg, wo sie mit etablierten Musikern wie Papa Wemba zusammenarbeiten konnte.

1983 landete sie als "Brenda and the Big Dudes" ihren ersten großen Hit mit "Weekend Special". Er wurde zum schnellsten Verkaufsrekord dieser Zeit. Obwohl einige ihrer Songs, wie z. B. "Black President" vom Apartheits Regime mit einem Bann belegt wurden, gewann Brenda über die Landesgrenzen hinaus an Popularität. Weekend Special gelangte 1986 sogar in den Billboard Hot Black Singles Charts. Mit dem Plattenproduzenten Sello "Chicco" Twala wurde sie endgültig zum Superstar. Er produzierte in den späten 80ern das Album "Too Late For Mama". Es wurde ein mehrfacher Platin-Verkaufserfolg.

In der Folge wurde Brenda jedoch mehr berühmt durch Skandale, Drogenexzesse und ihren selbstzerostörerischen Lebensstil. In einem anhaltenden Kokainrausch verpasste sie mehrfach Konzerttermine und wurde von den Veranstaltern verklagt. Sie versank in Schulden, so dass ihr Sohn Bongani aus der Schule geworfen wurde, weil die Schulgebühren nicht bezahlt wurden. Mit dem Tod der Mutter wurde alles noch schlimmer und die lukrative Verbindung mit Twala zerbrach. Nicht lange nachdem sie die konservative Nation durch ihr Coming-out als Lesbierin schockiert hatte, fand man 1995 im Johannesburger Hillbrow Hotel den leblosen Körper ihrer Freundin Poppie Sihlahla, die vermutlich an einer Überdosis verstorben war. Daneben lag Brenda benebelt im Drogenrausch.

Dieser Tiefschlag brachte sie zurück zur Musik. Nach dem Drogenentzug arbeitete Brenda wieder mit Twala und schaffte ein dramatisches Comeback: Das Album Memeza (Schrei), von dem sie später sagte, dass es ihr Leben am besten repräsentiere, wurde 1998 sofort wieder zum bestverkauften Album Südafrikas.

"Ich werde Papst nächstes Jahr, alles ist möglich."

Doch auch die Skandale und Exzesse fanden eine Fortsetzung. In den nächsten fünf Jahren versuchte sie mehrfach einen Entzug in Kliniken und hatte eine turbulente Affäre, die durch häusliche Gewalt und öffentliche Szenen immer wieder in die Schlagzeilen gelangte.

Trotzdem gewann sie 1999 den Kora Award (südafrikanisches Equivalent für den Grammy) für die beste Künstlerin und ihre drei folgenden Alben Nomakanjani, Amadlozi und Mina Nawe erlangten in den jeweils nachfolgenden Jahren ebenfalls den Titel "Bestverkauftes Album des Jahres".

Die resolute Sängerin galt als schwierig, aber auch als äußerst generös. Trotz ihres Erfolges behielt sie lange Zeit ihren Wohnsitz im Township, wo man sagte, ihre Türen würden für jedermann offen stehen. Weil Brenda mit vielen Tabus der konservativen und puritanischen Gesellschaft Südafrikas brach, identifizierte sich besonders die junge Generation mit ihrer Arbeit. "Sie schaffte es bahnbrechenden musikalischen Erfolg mit Zugänglichkeit und menschlicher Fehlbarkeit zu kombinieren" fasste die BBC am 10.05.04 das Lebenswerk der Kwaito Queen zusammen.

Ende April wurde Brenda Fassie mit Atembeschwerden in die Johannesburger Sunninghill Klinik eingeliefert. Der Asthma Anfall verursachte einen Herzinfarkt und sie fiel ins Koma. Ihr wohl populärster Fan Nelson Mandela eilte an ihr Krankenlager. Gefolgt von sein Ex-Frau Winni und dem derzeitigen südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki. Hunderte Fans belagerten das Krankenhaus. "Brenda war so unberechenbar, dass ihre Fans bis zuletzt glaubten, sie würde aus dem Koma erwachen und morgen wieder auf der Bühne stehen." wusste die Süddeutsche Zeitung am 11.05.04 zu berichten.

Brenda Fassie starb am 9. Mai 2004 im Alter von 39 Jahren an den Folgen des Herzinfarkts.


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