12.02.07 Blood Diamond - prädikat: Hausaufgaben gründlich gemacht!

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Blood Diamond - Leonardo di Caprio als Danny Archer Blood Diamond - Jennifer Connelly als Maddy Bowen Blood Diamond - Djimon Hounsou als Solomon Vandy

This Is Afrika

Authentisch. Unser Empfinden zu Blood Diamond steht im krassen Gegensatz zu den Meinungen der meisten Film-Kritiker.

Das liegt wohl daran, dass wir ihm dort im Herz von Afrika begegnet sind, dem undurchschaubaren Söldner, den Kalaschnikows in der Hand von Halbstarken, deren Mündungen nicht nur einmal auf uns gerichtet waren, den Schuss-Salven bei Nacht in der von Bürgerkriegen zerlöcherten Stadt, dem Kindersoldat, hin und her gerissen zwischen seinen widersprüchlichen Emotionen, nicht so recht wissend ob er seine verlorene Jugend beweinen oder die Kampfestaten bejubeln soll, den Andeutungen über die Fleischversorgung zwischen den Fronten, dem „Coltan“ flüsternden Mann, der uns heimlich ein geöffnetes Taschentuch hinhält, den Buren, für die rote Erde Heimat bedeutet oder dem Aid-Worker, der wegen Kämpfen in seinem Viertel drei Tage in seiner Badewanne verbrachte …. Viele Szenen unserer Transafrika-Reise sind plötzlich wieder lebendig, vor allem die ZAR (Zentralafrikanischen Republik) und der Südsudan oder die vielen Gespräche mit bizarren Persönlichkeiten in skurriler Umgebung wie z. B. im Diamond Diggers Backpacker (mit Ausblick auf die No-Go-Area Johannesburg Down-Town), deren Besitzerin Diamantenkurse anbietet. Der Film ist für uns so realistisch, dass wir den Eindruck haben, da wurden Zitate von uns geklaut: T. I. A. - This Is Afrika.

Hier haben einige Leute ihre Hausaufgaben gründlich gemacht. Es geht weit über die hervorragende schauspielerische Leistung eines Leonardo di Caprios, der den harten südafrikanischen Slang imitiert, hinaus. Die Bar am Rande der Zivilisation, in der der Söldner unwillkürlich auf die Journalistin trifft, Monologe zum afrikanischen Dasein, die Ethnien, die im Gegensatz zu vielen anderen Streifen nicht aus dem kompletten Kontinent durcheinander gewürfelt wurden - die Atmosphäre des Films stimmt. „Kontrastiert werden … Bilder des Leids und Sterbens immer wieder von Aufnahmen spektakulärer Landschaften und Sonnenuntergänge im breitesten Breitwandformat. D.I.A. - das ist Afrika.“ (Die Welt). Die für uns unbegreiflichen Widersprüche des Kontinents - enormer Reichtum und größtes menschliches Elend sind nicht nur effektvolle Inszenierung, ebenso wenig wie das strahlende Lachen und unvorstellbare Greultaten. Wer nicht mehrere Monate auf diesem Kontinent verbracht hat wird verständlicherweise einen großen Teil der Figuren und deren Handlungen wie der zitierte Sven von Reden (Die Welt) unter T. I. H. – this is Hollywood verbuchen. Was die Filmkritiker nicht wissen können: Man begegnet diesen Charakteren dort und auch nach 18 Monaten blieb uns für die vielen kleinen alltäglichen und in unseren Augen irrationalen Denk- und Handlungsweisen des Kontinents nur eine Erklärung: T. I. A - this is Africa.

Selbst die fatalistische Haltung zur eigenen Situation und den Handlungen des eigenen Volkes oder Staates findet im Film ein Echo: Ein alter Mann, dessen Dorf gerade von der Rebellenfront überrannt wurde, meint „Gott sei Dank hat man bei uns noch kein Öl gefunden, dann hätten wir wirklich Probleme“. Solche Zitate werden nicht erfunden. Und die letzten i-Tüpfelchen sind eigenartige Zufälle - vor fünf Jahren ist der halbe Kontinent bereits in Leonardo die Caprio T-Shirts herumgelaufen …

Einzig das strahlende Lachen, dass einem in Afrika überall begegnet, tritt in Blood Diamond zu wenig auf. Aber um die schönen Seiten des Kontinents soll es ja in diesem Film auch nicht gehen. Es geht um so genannte Konflikt-Diamanten. Diamanten deren Abbau und Handel in instabilen Ländern Motor für den florierenden Waffenhandel darstellen. Und es geht um den Appell an den Konsumenten, sich vor dem Kauf über die Herkunft der Edelsteine zu informieren. Ein hoffnungsvoller Ansatz um die blutigen von den weniger blutigen Steinchen zu trennen – a la „die guten ins Töpfchen, die schlechten in Kröpfchen“. Eigentlich ein viel größeres Klischee, an das man gerne nicht nur in Hollywood glauben möchte, sondern auch bei DeBeers (diamondfacts) in der UN (kimberleyprocess) und bei amnesty international (blooddiamondaction). In einer globalisierten Welt und einem nicht mehr nur von DeBeers dominierten neu entstehenden Diamantenhandelsplatz in Dubai wird das nicht so einfach funktionieren, denn, man ahnt es schon - this is Africa "da macht es nicht bling-bling, sondern bling-bang". Und dass nicht unbedingt nur blutige Diamanten das Problem sein müssen, beweist die jüngste Geschichte der San in Botswana, (GfbV), auch wenn es dort ausnahmsweise nach ein Happy End aussieht (taz & irinnews). Das ist eben alles Afrika.


Die Welt 21.01.2007: Diamanten können ziemlich blutig sein
diamondfacts: www.diamondfacts.org
kimberleyprocess: www.kimberleyprocess.com
blooddiamondaction: www.blooddiamondaction.org
Gesellschaft für bedrohte Völker 04.09.2006: Zwangsumgesiedelte Buschleute fordern Gerechtigkeit
Die Tageszeitung 14.12.2006: Vertreibung aus Kalahari-Wüste illegal
irinnews 19.01.2007: President visits San to map out the future


Blood Diamond

Blood Diamond - www.warnerbros.de/blooddiamond
wikipedia: Blood Diamond


Regie: Edward Zwick
Laufzeit: 138 minutes.

in den Hauptrollen: Leonardo DiCaprio (Danny Archer), Jennifer Connelly (Maddy Bowen), Djimon Hounsou (Solomon Vandy), Michael Sheen (Simmons), Arnold Vosloo (the Colonel), Kagiso Kuypers (Dia), David Harewood (Captain Poison), Basil Wallace (Benjamin) and Ntare Mwine (M’ed).

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